5G-Standalone: 5G macht seinen Freischwimmer - DER SPIEGEL

2022-12-21 15:33:48 By : Ms. Louise Liu

iPhone 13: Längst tauglich für 5G-Standalone

Das »vollständige 5G-Netz« komme jetzt in den Massenmarkt, heißt es in einer Vodafone-Pressemitteilung vom Dienstag. Einem neuen Ausbauplan des Unternehmens zufolge soll die sogenannte 5G-Standalone-Technik »bis 2025 für nahezu alle Menschen in Deutschland« verfügbar sein. Man habe dem System einen neuen Namen gegeben, betont Vodafone auch noch: »5G+«.

Richtiger wäre es wohl gewesen, das bisherige System in »5G-« umzubenennen.

Um das zu erklären: Wenn in Deutschland von 5G gesprochen wird, ist fast immer auch das alte LTE, also 4G, mit im Spiel. Damit es mit dem Ausbau der 5G-Technik schneller vorangeht, nutzen 5G-Netze fast immer Teile der LTE-Infrastruktur. Sie surfen sozusagen huckepack auf der LTE-Technik mit. Bei 5G-Standalone ist das – Sie haben es geahnt – anders.

Mobilfunk der Zukunft: So wird bei Vodafone 5G gemacht

Erst mit dieser Variante werden die Bremsen gelöst, die der LTE-Unterbau anzieht. Die sogenannte Latenz, die Zeit, die Daten benötigen, um vom Sender zum Empfänger durchs Netz geschickt zu werden, wird dadurch kürzer. Davon profitieren Endnutzer beispielsweise bei Onlinespielen oder bei Augmented Reality (AR). Man kann dadurch aber auch Maschinen, Roboter beispielsweise, quasi in Echtzeit fernsteuern. Das freut die Industrie.

Auch sogenanntes »Network Slicing« wird erst mit 5G-Standalone möglich. Das 5G-Netz wird dabei, wie ein Laib Brot, in mehrere, unterschiedlich dicke Scheiben geschnitten. Jeder davon lassen sich bestimmte Attribute zuschreiben. So ließe sich etwa in einem Fußballstadion den TV-Kameras eine Scheibe vom Netz reservieren, damit sie ihre Livebilder störungsfrei und in Echtzeit übertragen können, während Zehntausende Zuschauer über dasselbe Netz Selfies posten. Viele der Versprechen, was 5G alles kann, werden erst mit dieser Technik eingelöst.

Dass die Provider trotzdem erst mal auf 5G mit LTE-Stützrädern setzten, ließ sich lange damit begründen, dass es schlicht keine Smartphones gab, die 5G-Standalone beherrschten. Und wo keine Geräte und somit keine Nutzer für eine Technik sind, wird sie auch nicht gebraucht. Es lohnt sich eben erst dann, Gleise zu verlegen, wenn man auch Züge hat, die darauf fahren können.

Und so nutzte Vodafone die Einführung des ersten für 5G-Standalone tauglichen Smartphones in Deutschland, dem Oppo Find X3 Pro (unseren Testbericht finden Sie hier), um das Thema für sich zu reklamieren. Denn schon im April 2021 hatte der Telekommunikationskonzern angekündigt, einen Teil seines Netzes auf »5G-Standalone«, das damals noch so heißen durfte, umzurüsten.

Konkret wurden damals gut tausend Mobilfunkantennen für das neue System scharf geschaltet. Im Herbst 2021 ließ der Telekommunikationskonzern dann verlauten, bis Ende 2023 bis zu 60 Millionen Menschen mit 5G-Standalone versorgen zu können – theoretisch.

Der Anlass für die Meldung war damals Apples Präsentation der iPhone-13-Serie. Jene Geräte nämlich haben die Technik für 5G-Standalone schon eingebaut. Nur freigeschaltet war sie zum Start noch nicht. Das Update auf iOS 15.4, das Apple nun veröffentlicht hat, ändert das. Mit der neuen Software lernen Apples Smartphones, 5G-Standalone auszunutzen – sofern das Mobilfunknetz die nötige Technik beherrscht.

Laut Vodafone werden die Geräte damit auch ausdauernder, weil 5G+ auf dem Smartphone angeblich »bis zu 20 Prozent Energie« spart. Vodafone-Manager Guido Weissbrich erklärt das damit, dass Smartphones bei der »Non-Standalone«-5G-Technik zwei Funkverbindungen parallel aufrechterhalten müssen: eine zum 5G-Netz, eine zum LTE-Netz. Wenn man nun auf eine davon verzichten könne, spare das eben Strom.

Für iPhones in manchen Gebieten werde Vodafones 5G-Netz auch jetzt erst »sichtbar«, so Weissbrich: Wo die Geräte sich bisher ins LTE-Netz einbuchten, bekommen sie nun 5G. Weissbrich zufolge betrifft dies vor allem ländliche Räume, wo Vodafone die sogenannten Flächenfrequenzen im 700-MHz-Band auf 5G+ umstellt.

Insgesamt 4000 Antennen seien schon auf 5G+ umgeschaltet, heißt es, darunter all jene, die im 3,5-GHz-Band in den Innenstädten funken. Dem Unternehmen zufolge entspricht das einer Versorgung von zehn Millionen Menschen. Alle neuen 5G-Standorte sollen künftig automatisch auch mit 5G+ arbeiten.

Die Telekom erklärte auf Anfrage, dass »alle 5G-Antennen auf dem Frequenzband 3,6 GHz bereits im Dezember technisch für 5G-Standalone freigeschaltet« worden seien. Wie bei Vodafone betrifft dies vor allem städtische Bereiche, weitere Frequenzbänder sollen in diesem Jahr folgen. Privatkunden können die Technik bei der Telekom derzeit allerdings noch nicht nutzen.

Bei Vodafone sieht das anders aus. Wer ein kompatibles Smartphone hat, kann 5G+ mit einem Klick in der Vodafone-App freischalten. Kunden, die eine ältere SIM-Karte haben, müssen dafür allerdings eine neue SIM bestellen. Zusätzliche Kosten entstehen durch die Nutzung von 5G+ nicht.

iPhone 13: Längst tauglich für 5G-Standalone

Volles Rohr: Auf dem Vodafone-Parkdeck, in Sichtweite des Antennenmasts, attestiert die Speedcheck-App dem 5G-Netz eine Downloadrate von knapp 550 Megabit pro Sekunde.

An derselben Stelle kommt unser Test-Smartphone allerdings auch mit 4G, also LTE auf stattliche 227 Megabit pro Sekunde. Bemerkenswert ist hier vor allem, dass der sogenannte Ping, also die Verzögerung des Netzes, bei LTE geringer ist. Gamern wäre das wichtig.

Die Position des 5G-Sendemastes nahe der Vodafone-Zentrale ist freilich gut gewählt: Genau zwischen zwei vielbefahrenen Straßen gelegen ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass sich hier viele Nutzer gleichzeitig über einen längeren Zeitraum aufhalten.

Eine durchaus wackelige Präsentation: Um die Performance von 5G zu demonstrieren hat Vodafone eine Mondlandesimulation in Virtual Reality samt beweglichen Sitzen aufgebaut.

Der Sendeturm auf dem Parkdeck des Internetkonzerns. Die 5G-Antennen erkennt man daran, dass sie viel kürzer sind als die länglichen 4G-Antennen.

Wie es im Inneren einer solchen Antenne aussieht, erklärt Vodafone-Technikchef Gerhard Mack. Insgesamt 64 kleine Antennen arbeiten zusammen, um das sogenannte Beamforming zu ermöglichen, also das Ausrichten des Funksignals exakt auf das Gerät des Nutzers.

Eine unerlässliche Komponente von 5G sind auch Glasfaserkabel, über die die Antennen ans Kabelnetz angeschlossen werden. Dieses Modell zeigt eine moderne Methode, solche Kabelstränge mit geringem Aufwand in Straßen zu verlegen.

Das findet man bei Vodafone im Kellergeschoss: Sieht aus wie ein Kaugummiautomat, spuckt stattdessen aber Gehörschutzstöpsel aus.

Diese Stöpsel braucht man, wenn man das Rechenzentrum betreten will, denn die darin aufgereihten Serverschränke produzieren reichlich Lärm. Was links an der Wand aussieht wie ein Gartenzaun, dient zur elektromagnetischen Abschirmung der Serverräume.

In einem separaten Bereich findet man neben all der Computertechnik auch solche Richtfunkantennen.

In einem der oberen Stockwerke findet man bei Vodafone diesen Raum, in dem neue Mobilfunktechnik getestet und deren elektromagnetische Eigenschaften vermessen werden. Hier ist gerade eine 5G-Antenne aufgehängt.

Um in dem Testraum unterschiedliche Hardware prüfen zu können, haben sich die Techniker ein Anschlussfeld konstruiert, das unter anderem eine USB-Buchse und eine Multisteckdose für Netzteile aus aller Welt enthält.

Ein Beispiel für eine industrielle 5G-Anwendung sieht der Konzern in solchen Sensoren, die den Luftdruck in LKW-Reifen messen und per Mobilfunk an den Spediteur senden.

In der Spedition lassen sich die Reifendaten dann per Computer auswerten.

Eine andere industrielle 5G-Anwendung könnte die Fernsteuerung von Maschinen sein. Vodafone will dafür kurzfristig online buchbare Servicepakete anbieten.

Ausflugsziel für Early Adopters: Der einzige 5G-Funkturm von Vodafone, der im August in Hamburg aktiv war, steht in einem Gewerbegebiet zwischen Autobahn und Bahn-Stellwerk.

Begeisterung kommt beim Test des kleinen 5G-Netzes in Hamburg nicht auf. Nicht mal 200 Megabit pro Sekunde kamen mit 5G-Verbindung zustande. Ein Wert, den das LTE-Netz an jenem Tag locker übertraf.

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